Donnerstag, 17. Juni 2010

EU-Parlament stimmt gegen die Ampelkennzeichnung - Abgeordnete beugen sich massivem Lobbydruck der Industrie

Olaf Schneider
Es ist eine herbe Enttäuschung: Das Europäische Parlament hat heute gegen die Einführung einer verpflichtenden Nährwertampel gestimmt. 
Das Votum gegen die Ampel zeigt einmal mehr: Statt Bürgernähe herrscht in Europa die Lobbymacht der Industrie. 
Die Lebensmittel-Lobby hat sich ihre Kampagne gegen die Ampel eine Milliarde Euro kosten lassen. 
Eine Milliarde, die unter anderem aufgewendet wurde, um das von der Industrie entwickelte Kennzeichnungs-Modell "Guideline Daily Amount" (GDA) einzuführen und zu bewerben. 
Diesem massiven Lobbydruck von Kellogg's, Nestlé und Co haben sich die Parlamentarier nicht widersetzt. Jetzt soll die verwirrende GDA-Kennzeichnung in ganz Europa Standard werden.
Dass die Ampelkennzeichnung als freiwillige und zusätzliche Darstellung möglich bleiben soll, ist für foodwatch kein Fortschritt. 
Das war bisher schon möglich und bringt den Verbrauchern gar nichts. 
Denn wer heute schon ohne Scham Zucker- und Fettbomben als Fitnessprodukte verkauft, wird diesen Schwindel sicherlich nicht freiwillig durch leuchtend rote Ampeln entlarven. 
Zwar muss der Ministerrat noch dem Beschluss zustimmen, doch es besteht kein Zweifel: Die Industrie hat bei der heutigen Abstimmung einen Etappensieg errungen.
Aber erinnern wir uns: In dem ursprünglichen Verordnungsentwurf der Europäischen Kommission kam die Lebensmittelampel gar nicht vor. 
Erst durch das Engagement von foodwatch und durch die tatkräftige Unterstützung aus dem Gesundheitssektor – vom europäischen Adipositas-Verband über die Vereinigung der europäischen Kinderärzte bis zum europäischen Spitzenverband der Krankenkassen – wurden die Politiker überhaupt gezwungen, sich mit der Ampel auseinander zu setzen.
Die öffentliche Debatte hat gezeigt, wie weit die Interessen der Industrie und der Verbraucher auseinander klaffen. 
Vorerst wird es also keine Ampelkennzeichnung geben. 
Doch wir sind uns sicher, dass die Politik auf lange Sicht nicht an einer verständlichen, farbigen Nährwertkennzeichnung vorbei kommen wird, wenn sie das Problem des Übergewichts wirksam bekämpfen will. 
Wir werden uns weiter dafür einsetzen, und wir werden weiter Unternehmen auf die Finger klopfen, die Fitness- und Gesundheitslügen verbreiten und die tatsächlichen Nährwerte ihrer Produkte verschleiern. 
Wie wichtig es ist, den Verbrauchern angesichts der Lobby-Übermacht der Industrie eine Stimme zu geben, das hat diese Abstimmung wieder einmal gezeigt.

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