Olaf Schneider
Es ist eine herbe Enttäuschung: Das Europäische Parlament hat heute  gegen die Einführung einer verpflichtenden Nährwertampel gestimmt. 
Das  Votum gegen die Ampel zeigt einmal mehr: Statt Bürgernähe herrscht in  Europa die Lobbymacht der Industrie. 
Die Lebensmittel-Lobby hat sich  ihre Kampagne gegen die Ampel eine Milliarde Euro kosten lassen. 
Eine  Milliarde, die unter anderem aufgewendet wurde, um das von der Industrie  entwickelte Kennzeichnungs-Modell "Guideline Daily Amount" (GDA)  einzuführen und zu bewerben. 
Diesem massiven Lobbydruck von Kellogg's,  Nestlé und Co haben sich die Parlamentarier nicht widersetzt. Jetzt soll  die verwirrende GDA-Kennzeichnung in ganz Europa Standard werden.
Dass  die Ampelkennzeichnung als freiwillige und zusätzliche Darstellung möglich bleiben soll, ist für foodwatch kein Fortschritt. 
Das war bisher  schon möglich und bringt den Verbrauchern gar nichts. 
Denn wer heute  schon ohne Scham Zucker- und Fettbomben als Fitnessprodukte verkauft,  wird diesen Schwindel sicherlich nicht freiwillig durch leuchtend rote  Ampeln entlarven. 
Zwar muss der Ministerrat noch dem Beschluss  zustimmen, doch es besteht kein Zweifel: Die Industrie hat bei der  heutigen Abstimmung einen Etappensieg errungen.
Aber erinnern wir  uns: In dem ursprünglichen Verordnungsentwurf der Europäischen  Kommission kam die Lebensmittelampel gar nicht vor. 
Erst durch das  Engagement von foodwatch und durch die tatkräftige Unterstützung aus dem  Gesundheitssektor – vom europäischen Adipositas-Verband über die  Vereinigung der europäischen Kinderärzte bis zum europäischen  Spitzenverband der Krankenkassen –  wurden die Politiker überhaupt gezwungen, sich mit  der Ampel auseinander zu setzen.
Die öffentliche Debatte hat  gezeigt, wie weit die Interessen der Industrie und der Verbraucher  auseinander klaffen. 
Vorerst wird es also keine Ampelkennzeichnung  geben. 
Doch wir sind uns sicher, dass die Politik auf lange Sicht nicht  an einer verständlichen, farbigen Nährwertkennzeichnung vorbei kommen  wird, wenn sie das Problem des Übergewichts wirksam bekämpfen will. 
Wir  werden uns weiter dafür einsetzen, und wir werden weiter Unternehmen auf  die Finger klopfen, die Fitness- und Gesundheitslügen verbreiten und  die tatsächlichen Nährwerte ihrer Produkte verschleiern. 
Wie wichtig es  ist, den Verbrauchern angesichts der Lobby-Übermacht der Industrie eine  Stimme zu geben, das hat diese Abstimmung wieder einmal gezeigt.

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